Der Gleichwertigkeitsbericht zeigt: Die regionalen Unterschiede in Deutschland nehmen ab. Doch die Wahrnehmung ist verzerrt und voller Vorurteile.
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Es wäre gut, wenn sich diese Erkenntnisse auf die öffentliche Debatte auswirken. Denn es ist einfach, vom abgehängten Osten zu sprechen – doch es verstellt den Blick. Denn „den Osten“ gibt es nicht. Und der Bericht zeigt, dass das Leben im Speckgürtel von Berlin besser vergleichbar ist mit ähnlichen Landkreisen im Westen als mit der Prignitz. Und viele Probleme gibt es in Ost und West zugleich, etwa Regionen, die überaltern. Statt also auf das Trennende zu schauen, wäre es produktiv, Gemeinsamkeiten zu entdecken.
Die Ost-West-Brille hat Folgen: Für den Bericht wurden 30.000 Menschen in allen Landkreisen danach gefragt, wie zufrieden sie mit ihrem Leben sind (das gab es noch nie!). Das gute Ergebnis: Trotz aller Probleme sind zwei Drittel der Deutschen zufrieden, auch in Ostdeutschland. Gleichzeitig glaubt aber die Mehrheit der Ostdeutschen, dass es sich in anderen Regionen besser leben ließe.
Als in der vergangenen Woche die Meldung kursierte, dass die Bahn einige Fernverkehrsverbindungen streichen wolle, wurde in vielen Medien, auch in der taz, vor allem der mögliche Wegfall von Zugverbindungen in Ostdeutschland kritisiert. Die Aufregung war groß – der Osten wird mal wieder abgehängt! Der Bericht der Bundesregierung zeigt nun: In ganz Deutschland ist die Hälfte der Bevölkerung unzufrieden mit der Versorgung mit Nahverkehr und Radwegen.
In anderen Bereichen fallen subjektive Wahrnehmung und objektive Lage auseinander. In den Landkreisen an der Grenze zu Polen ist etwa das Gefühl der Sicherheit gering, obwohl die Kriminalitätsstatistik zeigt, dass es in Großstädten deutlich gefährlicher ist.
Vor dem Verfassen des nächsten Tweets oder Leitartikels über den abgehängten Osten oder das Erstarken der AfD lohnt es sich also, die Brille zu wechseln, und nicht nur mit gefühlten Wahrheiten zu argumentieren.
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